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Spitz-findig-keit #37

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstösse zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitz-findig-keit #37

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute haben wir uns durch das „Wort des Jahres“ einfach zu Wortspielereien inspirieren und verleiten lassen.

1. Spitz-findig-keit

„Das Wort des Jahres 2021 wird am Freitag von der Gesellschaft für deutsche Sprache verkündet – zum genau 50. Mal. Das erste Wort des Jahres war im Jahr 1971 ‚aufmüpfig‘. Im vergangenen Jahr führte an ‚Corona-Pandemie‘ kein Weg vorbei.“ So die Ankündigung auf faz-net, wobei es erst das 45. Mal ist, denn von 1972 bis 1976 klafft eine Lücke.

Über ein halbes Jahrhundert hinweg Wörter des Jahres von der GfdS, die in Wiesbaden sitzt und einen Redaktionsstab beim Deutschen Bundestag unterhält. Was sagen diese aus? Es geht um „… Wörter und Wendungen, die das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben eines Jahres sprachlich in besonderer Weise bestimmt haben. Aus einer Sammlung von mehreren tausend Belegen aus verschiedenen Medien und Einsendungen von Außenstehenden wählt die Jury, die sich aus dem Hauptvorstand der Gesellschaft sowie den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammensetzt, kurz vor Jahresende zehn Wörter, die die öffentliche Diskussion dominiert und ein Jahr wesentlich geprägt haben. … entscheidend ist dabei nicht die Häufigkeit eines Ausdrucks, sondern vielmehr seine Signifikanz und Popularität: Die Liste trifft den sprachlichen Nerv des sich dem Ende neigenden Jahres und stellt auf ihre Weise einen Beitrag zur Zeitgeschichte dar.“ So in der Meldung der GfdS vom 26.11.2021 zu lesen.

Schaut man die letzten 16 Jahre nach Spuren einer Angela Merkel durch, dann fallen in 2005 und 2013 jeweils erste Plätze mit „Bundeskanzlerin“ und „Groko“ ins Auge. Hinzu kommen weitere Platzierungen in 2012 mit „Kanzlerpräsidentin“ (2), 2013 mit „Freund hört mit“ (10), 2014 mit „Willkommenskultur“ (6) und 2015 mit „Wir schaffen das!“ (10). Inwieweit „Mutti“ auch mit der „Silvesternacht“ – in 2016 Platz 3 – und der „Mutter aller Probleme“ – in 2018 Platz 10 – assoziiert wird, hängt in hohem Maße von der eigenen politischen Weltanschauung ab.

Nicht zu vergessen: das Wort des Jahres 2021 lautet „Wellenbrecher“. Beim pfeilschnellen NDR hier letzten Freitag um 11:14 Uhr als Meldung so eingefangen. Auf den weiteren Plätzen SolidAHRität, Pflexit, Impfpflicht, Ampelparteien, Lockdown-Kinder, Booster, freitesten, Triell, fünf nach zwölf. Kein Wunder schlägt das Virus mit rund sechs Begrifflichkeiten noch einmal voll zu.

Das Jugendwort des Jahres „Cringe“, im Oktober gekürt (hier beschrieben), artikuliert das Gefühl des Fremdschämens und/oder peinliche Situationen. Es weißt zum Erwachsenenwort des Jahres keine direkte Beziehung auf. Und auch hier lohnt es sich, ein paar Jahr(hundert)e zurückzuschauen, wie auf DW vom 15.5.2021 festgehalten. Echt krass! Und absolut nicht cringe!

2. Spitz-findig-keit

Der Bald-Kanzler ist ein in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) gebräuchlicher Begriff. Dann wird ganz leicht aus der geschäftsführenden, die Bald-nicht-mehr-Kanzlerin, für die es übrigens beim großen Zapfenstreich vergangenen Donnerstagabend rote Rosen regnen sollte. Tränen flossen, soweit man sehen konnte, keine, wurden bestenfalls verdrückt. Und falls es bei Olaf Scholz entgegen eigener Erwartungen nicht so läuft oder ihn die Vergangenheit doch noch einholt, könnte aus ihm ein Wie-lange-noch-Kanzler werden. An die Auf-dem-Sprung-Kanzlerin glaubt vermutlich nicht mal mehr sie selbst. Aber das Auswärtige Amt ist ja für eine, die aus dem Völkerrecht kommt, auch nicht so ganz ohne. „Die Bock zum Gärtner machen“, das besitzt ein enormes Potenzial – siehe oben und unten.

3. Spitz-findig-keit

ANSPRUCH: “Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.” … und WIRKLICHKEIT: “Ich bin gesund und ihr seid krank!”

So liest sich der Kommentar von Vincent Quest zu „Broders Spiegel: Ein Amt für Helene Fischer“ auf der Achse des Guten vom 29.11.2021. Henryk M. Broder denkt darin fünf Minuten lang laut über die grüne Besetzung von Ämtern in der Ampelkoalition nach. Die Ernennung des Jahres, vielleicht sogar des Jahrhunderts, ist für ihn Annalena Baerbock. Aber auch Claudia Roth spricht er an. Spaßeshalber macht ihr Broder Konkurrenz und schlägt, wohlbegründet Helene Fischer als neue Kulturstaatsministerin vor. Aber die grüne Wirklichkeit sieht eben anders aus und läßt sich mit vier Worten beschreiben: „Claudia war einfach dran“.

Und hier tauchen wir wieder mal ein in die Kryptowelt.

#PreppoKompakt

Krasser kann der Quest’sche Gegensatz von ANSPRUCH und WIRKLICHKEIT gar nicht sein. Aber schon wenn man das Volkswohl im Laufe der Jahre aus den Augen verliert oder mitmacht, wenn Land und Leute verunglimpft werden, grenzt das an den Bruch des Eides. Da hilft dann auch kein Gott mehr.

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