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Spitz-findig-keit #48

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstösse zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitz-findig-keit #48

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute wollen wir uns stattdessen ein wenig mit Zufällen beschäftigen. Na, wieder so ein Zufall!

1. Spitz-findig-keit

Am 31. Mai 2020 gratulierte ich meinem alten Freund Helmut Müller zum Geburtstag. Im Kalender „Wünsche, die von Herzen kommen“ aus dem Groh Verlag 2011 war mir der Sinnspruch „Du kannst Dein Leben nicht verlängern, noch verbreitern, nur vertiefen“ von Gorch Fock ins Auge gefallen. Klar fällt einem dabei zunächst das – aufwändig restaurierte – Segelschulschiff der Marine ein. Beim Googeln kam heraus, dass der „Namensgeber“ ein Schriftsteller war, der am 31. Mai 1916 – vor exakt 104 Jahren – in der Skagerrak-Schlacht mit „Seiner Majestät Schiff (SMS) Wiesbaden“ mit Mann und Maus untergegangen ist.

Dabei hatte ich fälschlicherweise unterstellt, dass Helmut als ehemaliger Wiesbadener Oberbürgermeister dies wissen müsse. So bedurfte es erst eines Zufalls, um in diesem Punkt schlauer zu werden. Gehe davon aus, dass er jetzt an jedem seiner Geburtstage auch kurz Gorch Fock gedenkt, der „Du kannst Dein Leben … nur vertiefen“ zu Papier gebracht und dann auch in der größten und verlustreichsten Seeschlacht des Ersten Weltkrieges in den Tiefen der Nordsee versunken ist.

2. Spitz-findig-keit

In unserem kleinen Literaturzirkel wird die Anzahl der gemeinsamen Sitzungen gezählt. Die 100. Sitzung beispielsweise fand im Mai 2019 statt. Da wir für „dicke Schinken“, wie den Zauberberg von Thomas Mann, zwei Sitzungen brauchen, ist die Zahl der Sitzungen größer, als die der gelesenen Bücher. Nun wollte es der Zufall, dass wir bei unserer 111. Sitzung das Buch von Lutz Seiler mit dem Titel „Stern 111“ lasen, eine Übereinstimmung, die uns bei der Buchauswahl nicht aufgefallen war.

3. Spitz-findig-keit

DerStandard hat am 17.8.2020 seine Leserinnen und Leser in einer Kolumne nach dem Zufall gefragt und damit eine rege Beteiligung – 260 Postings, wie die Wiener sagen – ausgelöst. Eine Antwort wurde in Form eines Zitats von Albert Einstein gegeben: „Der Zufall ist Gottes Art anonym zu bleiben“.

Selbst beim Golf(en) wimmelt es von Zufällen. Schon der leidenschaftliche Golfer und Schriftsteller John Updike schwärmte von „magischen Erlebnissen unter offenen Himmeln, umgeben von Endlosigkeiten des Zufalls und des Raums“. Gefunden auf faz-net vom 19.7.2020 in einem wunderbaren Artikel über Sils Maria im Engadin/Schweiz (allerdings hinter Schranke). Hört sich fast so an, als ob er öfters seine Bälle suchen mußte, weil die Bergluft sie noch weiter fliegen läßt als im Tal.

Dabei weiß ich nicht mal, ob Updike je im Grand Hotel Waldhaus in Sils Maria war. Verbürgt hingegen ist dies unter anderen von Albert Einstein, Thomas Mann, Marcel Proust, Karl Kraus, Harry Graf Kessler, Reinhard Beck, Otto Klemperer, Richard Strauss, Mary Pickford, Reinhard Bitzer, Thomas Bernhard, Friedrich Dürrenmatt, Erich Kästner, Hermann Hesse und Theodor Adorno – letzterer ein eifriger Stammgast mit insgesamt 420 Übernachtungen.

Widmung

Meinem Vater gewidmet, der am 11. Februar 2022 nach einem erfüllten Leben im Kreise seiner Lieben friedlich eingeschlafen ist. Ein aufrechter Mann mit klarem Verstand, festem Charakter und gesundem Humor.

Und hier geht es weiter.

#PreppoKompakt

Merke: „Wenn schon Runzeln, dann vom Schmunzeln.“ So Klaus Klages im eingangs zitierten Kalender „Wünsche, die von Herzen kommen“.

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