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Spitz-findig-keit #52

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Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstösse zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitz-findig-keit #52

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Wir aber verteilen heute lieber ein paar Trostpflaster und Arzneien, die wir alle bitter nötig haben. Besonders gut wirkt dabei, wie so oft, die universielle Sprache der Musik.

1. Spitz-findig-keit

Zweimal „Schwanensee“ von Peter Tschaikowski im Abstand von nahezu drei Jahrzehnten – im russischen Leningrad 1990 mit dem Kirov-Ballett (hier von uns besprochen und beworben) und in der ukrainischen Nationaloper in Kiew 2019 (auf ARTE verfügbar bis 2.9.2022). Wie im Original endet es mit dem Tod von zwei Liebenden. „Doch ist das Böse machtlos gegen die Kraft der Liebe, und … im Jenseits finden sie wieder zueinander, vereint in ewiger Harmonie.“

Trotz einer anderen Generation von Künstlerinnen und Künstlern im Orchestergraben und auf der Bühne ein sehr vertrautes Bild, nicht anders, als sich die Russin Aida Garifullina und die Ukrainerin Olga Korolova wie Schwestern gleichen – wie schon in #50 vermerkt. Will heißen, dass die Menschen in den beiden Ländern mehr Gemeinsamkeiten, statt Unterschiede aufweisen. Auch dass der vorgegebene Umweg über das Jenseits sich für Theateraufführungen, nicht aber für unser diesseitiges Leben eignet. Kriegerische Auseinandersetzungen im Europa des 21. Jahrhunderts sind ein Anachronismus.

2. Spitz-findig-keit

„Bone for bone we are the same“, singt Ashley Campbell hier auf YouTube (4:42 lang, seit Oktober 2020 annähernd 110.000 Aufrufe). Sie hat das Lied „Remembering“ für ihren an Alzheimer erkrankten und am 8. August 2017 in Nashville, Tennessee, verstorbenen Vater Glen Campbell komponiert. Knochen würden müde und könnten nicht dauernd das ganze Gewicht tragen, heißt es. Und sie sagt dem Vater, dass er sich nicht sorgen müsse, sichert ihm zu, dass sie ihm helfen und sich für ihn erinnern werde. Begleitet von Carl Jackson mit der zweiten Gitarre und Stimme, der schon zusammen mit Glen musiziert hat, ist es eine feine Liebeserklärung an ihren Vater, das die Zuhörerschaft gleichermaßen rührt und berührt.

Ashley, Jahrgang 1986, ist übrigens das jüngste von drei Kindern aus der vierten Ehe Glen Campbells mit Kimberly „Kim“ Woollen, die 1982 geschlossen wurde und bis an sein Lebensende hielt.

3. Spitz-findig-keit

Bleiben wir in Nashville. Von dort wird – dargeboten auf YouTube in einem sehens- und hörenswerten Konzert (Teil I mit 56:27 und II mit 58:12 Minuten) vom 27. März 2019 – aus dem Ryman Auditorium, genannt die „Mutterkirche der Country-Musik“, sehr eindrücklich deren Geschichte erzählt, versehen mit mitreißenden Auftritten und einem wunderbaren Schlussakkord.

„Will the circle be unbroken – By and by, Lord, by and by – There’s a better home a-waiting – In the sky, Lord, in the sky“. Dieses Lied der Gesangsgruppe „The Carter-Family“ wird beim Heimgang von lieben Angehörigen gespielt und ist „… one of the most enduring songs of country-music in history“ (in Teil II ab 52:10). Ein schwungvolles Stück, das die Menschen zusammen bringt. Und das die Verheißung enthält, dass nach einem harten, arbeitsreichen Leben auch für die weiße US-amerikanische Mittelschicht der Himmel voller Geigen hängt.

Und hier erwarten uns wieder jede Menge irdische Betrügereien.

#PreppoKompakt

Wenn nur allen die Musik zugänglich wäre, dann hätten wir wohl viel mehr inneren und äußeren Frieden! Eine echte Garantie dafür kann allerdings niemand geben.

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