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Spitz-findig-keit #68

6 minutes

Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Sitz-findig-keit #68

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Wir schauen heute lieber etwas vor – im Sinne, was daraus noch werden kann – und etwas zurück. Das meiste dreht sich dabei um Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Dienst, außer Diensten und auf dem Sprung.

1. Spitz-findig-keit

Die NZZ greift in ihrem Newsletter am 28.6.2022 ein Thema auf, das viel „Sprengstoff“ beinhaltet. „Da kleben sich also Aktivisten mit den Handflächen an der Strasse fest und blockieren über Stunden den Verkehr, doch statt dieses strafbare Handeln zu verurteilen oder wenigstens dazu zu schweigen, stellt sich die grüne Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Kreuzberg, Clara Herrmann, noch hinzu.“ Sie wolle damit Solidarität zeigen . „Dabei zeigt dieses Handeln, wie sehr Herrmann auf diesen Staat pfeift. … Sie gefährdet die Demokratie.“ So schnörkellos beschreibt es die NZZ-Redakteurin Fatina Keilani. Und in einem Leser-Kommentar – von über 200 – wird eine neue RAF (Rote Armee Fraktion) prophezeit/an die Wand gemalt. Die sich aus Aktivisten der „letzten Generation“ rekrutiert, um immer rigoroser und radikaler für die „gute“ Sache zu kämpfen, für die Umwelt und gegen den Klimawandel.

Den Namen Herrmann haben wir schon einmal in #10 kennengelernt, wo die Grünen-Politikerin mit Boris Palmer verglichen und ihr im Vorfeld der Kandidatinnensuche sogar “Kanzlermaterial” zugebilligt wurde. Der Name hat also bereits einmal „Schlagzeilen“ gemacht – aber Vorsicht, im Mai letzten Jahres handelte es sich um Monika Herrmann. Clara, ihre Nachfolgerin, wurde am 6.12.2021 von der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg gewählt, wie rbb gleichen Tags berichtete. Die Grünen-Politikerin ist in dieser Funktion zuständig für die Bereiche Finanzen, Personal, Wirtschaft und Kultur. Beide Herrmanns übrigens sind weder miteinander verwandt noch verschwägert.

2. Spitz-findig-keit

Bleiben wir in Berlin und bei einer Bürgermeisterin, die uns auch schon mehrfach, beispielsweise hier und hier, „aufgefallen“ ist. Vorsichtig formuliert: mit Fälschungsversuchen bei wissenschaftlichen Arbeiten. Faz-net vom 29.6.2022 berichtet in einer fein ausgewogenen Mischung von Mitgefühl und Häme, wie die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey von zwei russischen Komikern – mit Künstlernamen Vovan und Lexus – hereingelegt wurde. Sie ist am 24. Juni in einem fast halbstündigen Gespräch, vermeintlich mit dem Kiewer Amtskollegen Vitali Klitschko, Opfer eines Deepfakes geworden.

Zunächst hatte Giffey darin ein Mittel der modernen russischen Kriegsführung vermutet, erkennt mittlerweile aber auch die karikaturistischen Hintergründe. Ihre eigenen „Fakes“ sollten wohl der politischen Karriere dienen, haben ihr, wie sich mittlerweile herausstellte, aber auch nicht geschadet. Von den zehn Kommentaren von FAZ-Lesern zwei herausgepickt: „Ein Fake mehr oder weniger in Berlin – das fällt nicht wirklich ins Gewicht.“ So Volker Stramm. Und: „Köstlich! Klammheimliches Grinsen über diese Vorführung. Völlig gewaltfrei von bösen Russkis. Und die ist durch das zitierte Statement der verhinderten eitlen Frau Doktor erst richtig vollendet worden.“ Meint Graf von Droste-Schattenburg – selbst ein wunderbarer Fake, entlehnt der filmischen Komödie „Eins, Zwei, Drei“ von Billy Wilder aus dem Jahre 1961.

3. Spitz-findig-keit

Der Weg führt von Rostock nach Kiel, wie die NZZ vom 29.6.2022 (hinter Schranke) beschreibt. „Ehemaliger Möbelunternehmer, Handballtrainer, früherer Oberbürgermeister und jetzt Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein.“ Die Rede ist von Claus Ruhe Madsen, einem gebürtigen Dänen, der als erster Oberbürgermeister ohne deutschen Pass in Rostock zu einer bundesweiten Attraktion wurde.

„Jetzt ist Madsen, der kein Parteibuch hat, nach Kiel in das schwarz-grüne Kabinett von Ministerpräsident Daniel Günther gewechselt. … Dabei verlässt Madsen die Hansestadt in einer schwierigen Phase: Erst vergangene Woche hatte die Rostocker Bürgerschaft die für 2025 geplante Bundesgartenschau absagen müssen. Madsen hatte das Grossprojekt, mit dem sogar eine neue Brücke über den Fluss Warnow gebaut werden sollte, immer vorangetrieben. So legen ihm seine Kritiker das Scheitern auch persönlich zur Last. Die Hansestadt hatte sich schlicht und einfach übernommen. Und Madsen hatte mehr Ideen als Lösungen parat.“

Als Wirtschaftsminister unseres nördlichsten Bundeslandes Schleswig-Holstein ist er auch für Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus zuständig. Vielleicht sind in diesem Falle – bei rund drei Millionen Menschen (halb soviel wie Dänemark auf einem Drittel der Fläche) und der 87fachen Fläche von Rostock – die Lösungsmöglichkeiten annähernd deckungsgleich mit den Ideen des 49 Jahre alten Rauschebartträgers. Es bleibt für alle Beteiligten zu hoffen!

Und hier geht es weiter nach Frankfurt und Tübingen.

#PreppoKompakt

Ja, wo man hinschaut Bewegung, Bewegung. Nur, stimmt die Richtung? Das ist wieder mal eine echte Spitz-findig-keit.

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