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Spitz-findig-keit #133

8 minutes

Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitzfindigkeiten zuhauf!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute geht es bei uns vor allem um die Gesundheit. Und was sonst noch zum Wohlbefinden beiträgt sowie eine politische Begebenheit vor exakt 41 Jahren.

1. Spitz-findig-keit

„Sport ist Mord“, eine leicht über die Lippen kommende, gängige Aussage, die widerlegbar ist und zumeist fälschlicherweise dem englischen Premier Winston Churchill in den Mund gelegt/in die Schuhe geschoben wird. Die NZZ vom 27.9.2023 argumentiert mit dem Artikel „Dem Krebs davonlaufen“ glasklar in die andere Richtung. Ihre Antwort auf die Frage, ob man mit Sport Krebs verhindern oder möglicherweise sogar heilen könne, lautet. „Das Thema beschäftigt die Medizin seit Jahrhunderten. Dem griechischen Arzt und Lehrer Hippokrates wird 400 Jahre vor Christus der Satz zugeschrieben: ‚Wandern ist die beste Medizin für den Menschen.'“

Der schweizer Onkologe Jean-Marc Lüthi sieht in diesem Satz den historischen Startpunkt der Krebsprävention durch Bewegung und Sport. Allein in den letzten fünf Jahren seien zu diesem Thema 466 dem höchsten Standard entsprechende Studien mit eindeutigen Ergebnissen veröffentlicht worden. „Wer sich regelmässig bewegt, erkrankt seltener an Krebs. Wäre der Sport ein verschreibungspflichtiges Medikament, er würde auf breitester Ebene eingesetzt – vorbeugend, aber auch zur Verhinderung eines Rückfalls nach überstandener Erkrankung oder als Unterstützung bei krankheits- oder therapiebedingten Beschwerden.“ Lüthi unterscheidet dabei zwischen Primär- und Sekundärprävention. „Bei der Primärprävention wird versucht, das Auftreten der Krankheit zu vermeiden, bei der Sekundärprävention soll ein Rückfall verhindert werden. Bewegung und Sport verbessern aber auch die Lebensqualität durch Verminderung von krankheits- und therapiebedingten Nebenwirkungen.“

Soweit Daniel Germann in der NZZ. Er erwähnt noch die Deutsche Krebshilfe, die in ihrem Merkblatt „Krebs vorbeugen: 10 Tipps für ein gesundes Leben“ unter Punkt 1 festhält: „Bewegen Sie sich täglich mindestens 30 Minuten. Schon kleinste Veränderungen im Alltag helfen, das Risiko einer Krebserkrankung signifikant zu senken.“

2. Spitz-findig-keit

Schon in der #23 hatten wir „The Petersens“ vorgestellt und auf die ausdrucksstarken Lieder der musikalischen Familie – wie das für unser heutiges Thema einschlägige „You can’t make old friends“ – verwiesen. Lebenslange Freundschaften sind lebenswichtig, sollten deshalb auch gepflegt werden. Beispielsweise mittels Klassentreffen, so wie wir es letzten Donnerstag getan haben. In faz-net vom 17.3.2023 (hinter Schranke) wurde das Thema unter der Überschrift „Was aus uns geworden ist“ ausführlich behandelt und folgendermaßen angegangen:

„Gehst du hin? Kommst du auch? Gretchenfrage für Generationen, die vor 10, 20, 35 oder 40 Jahren (JG – oder gar, wie wir vor 55 Jahren) die (Real-) Schule verlassen haben. Die Einladung zum Klassentreffen steht im E-Mail-Posteingang. Sofort gelangen vergangene Freuden ins Bewusstsein und alte Wunden brechen auf.“ Dabei gehöre, sich mit anderen zu vergleichen, zur Natur des Menschen. „Jede Schulklasse hat einen, der mit dem Porsche anrauscht und die Begegnung schamlos fürs Angeben nutzt. Mehr Klischee geht nicht. Das Erhebende ist: Dieser Aspekt wird von Jahr zu Jahr unwichtiger.“ Natürlich werde niemand unbeschadet älter, selbstverständlich gebe es keine Dauererfolgsgeschichten – von den Großeltern gab es dazu den Spruch „Unter jedem Dach ein Ach“.

Ergebnis des Zusammenwürfelns

Und weiter: „Zu Schulzeiten werden wir mit Gleichaltrigen zusammengewürfelt und in Klassen eingeteilt, alle ergreifen eine Rolle oder bekommen sie zugewiesen, vom Streber bis zum Faulen, vom Dicken bis zur Scheuen erleben wir eine Palette von Charakteren. Wir lernen von unseren Schulkameradinnen und -kameraden eine neue Welt kennen. … Sie öffnen uns das Fenster für neue Lebensmodelle. … Erhellend können dann besonders Grundschultreffen sein, denn da wurde noch nicht selektiert, wer laut Elternhaus zu Höherem berufen sein soll, aufs Gymnasium kommt und sich da in einer Art Blase bewegt.“ Aber nicht nur in der Grund-, auch in der Realschule – so unserer Erfahrung nach – funktioniert dies noch!

Belohnungen des Treffens

Wissenschaftliche Aussagen verschiedener Disziplinen zur Untermauerung: „‚Trotz der langen Jahre dazwischen erfährt man, dass man immer noch Mitglied der Gruppe ist, und das ist grundsätzlich eine schöne Erfahrung‘, sagt (die Psychologieprofessorin – JG) Anett Wolgast, ‚gerade durch Corona und den Krieg‘. Rituale schaffen Übergänge, erzeugen Erinnerungen und helfen, ‚Krisen besser zu meistern, weil sie das Gefühl von Gemeinschaft geben‘, sagt der Münchner Sozialpsychologe Dieter Frey. Unangenehme Episoden werden durchaus auch ausgeblendet, haben die Soziologen Michael Mäs und Andrea Knecht herausgefunden. Tendenziell preist man auf solchen Treffen den alten Klassenverband und erinnert sich an alte Freundschaften.'“ Alte Streitigkeiten und Feindschaften fielen in der Regel hingegen dem Vergessen anheim.

Altersweißheit und -milde

Und dann ist noch die Rede von einem Hauch von Altersmilde. Viele hätten „… mehr Falten, mehr Kilos, weniger Haare und am eigenen Leib Zerfall erfahren.“ Kritisch, aber wohlwollend würden diejenigen betrachtet, die man lange, lange nicht gesehen hat. „Mensch, sind die alt geworden! Einen selbst ereilt diese Erkenntnis erst nach der Slideshow mit den alten Schnappschüssen. Mensch, bin ich alt geworden! Nix da, schleichender Prozess.“ So die Wirtschaftsredakteurin Ursula Kals in der FAZ.

Letzteres traf auf uns „Altersweiße“ – wie das nachfolgende Bild vom bunten Haufen siebzig aufwärts zeigt – jedenfalls nicht zu.

Nicht im Bild unsere vier Lehrerinnen und ein Lehrer, die sich, nachdem sie den halben Donnerstag mit uns verbracht hatten, zuhause wieder erholen konnten. Erholen vom guten Essen und den intensiven Gesprächen in netter Atmosphäre, in denen ihnen – nicht zuletzt – viel Dankbarkeit für die an uns weitergegebene profunde Bildung zuteil wurde. Eine Bildung, die uns half beruflich anständig die Frau/den Mann zu stehen, uns Augen und Ohren für die schönen Dinge im Leben, wie Kunst und Musik, geöffnet hat und vor allem auch dem gesunden Menschenverstand förderlich war. Das Wetter und die Lokalität haben ausgezeichnet gepasst, samt der im Preis inbegriffenen Taufe – elegant gemeistert zur Abendstund.

3. Spitz-findig-keit

Im „Buch der Tagebücher“ – schon mehrfach, so auch hier, von uns herangezogen – lesen wir am 1. Oktober 1982 den folgenden kurzen Eintrag von Ernst Jünger (S. 463 sowie S. 635f zur Person):

„Drei Uhr nachmittags: Habemus papam – ein Helmut geht, ein Helmut kommt.“

Der doppelt weltkriegserfahrene Jünger (1895 – 1998) meinte damit keineswegs den Papst. Sondern den Übergang in der Kanzlerschaft der Bundesrepublik Deutschland von Helmut Schmidt (SPD) auf Helmut Kohl (CDU). Durch ein konstruktives Misstrauensvotum gegen Schmidt wurde Kohl mit den Stimmen von CDU, CSU und der Mehrheit der FDP-Fraktion vor 41 Jahren zum Bundeskanzler gewählt.

Der Papst hieß zu jener Zeit übrigens Johannes Paul II. Das mit 26 Jahren und fünf Monaten zweitlängstes Pontifikat – als erster Pole überhaupt und seit 456 Jahren der erste Nicht-Italiener auf dem Papstthron – endete im Jahre 2005. Sein Nachfolger wurde dann der Deutsche Bendikt XVI – „Wir sind Papst!“, wie die Bild-Zeitung am 20. April 2005 titelte.

Widmung

Meiner Tante Gretel gewidmet, die heute im Kreise der Familie in Obertshausen ihren 91. Geburtstag feiern kann.

Und hier geht es weiter.

#PreppoKompakt

Heute begehen wir einen erhol- und geruhsamen Sonntag, nach einer arbeits- und abwechselungsreichen Woche. Schließlich ist Erntedankfest.

3 Antworten

  1. Whow, lieber Jürgen, ich bin baff! Schon wieder habe ich neue Talente in dir entdeckt.
    Ein Schriftsteller par excellence mit philosophischem Talent. Jeder Satz so spannend, da möchte man gar nicht aufhören zu lesen.
    Danke, dass du uns in die Welt der und deiner Spitz-findig-keiten eingeführt hast. Jetzt möchte ich nacheinander alle lesen, wann immer ich Zeit dazu habe. DANKE nochmal für dein Engagement für die Realschulkameradschaft!
    Dein Schulkamerad Udo.

  2. Lieber Jürgen,
    Deine Spitzfindigkeiten haben es in sich und beim Lesen stielt sich ein Lächeln ins Gesicht!
    Es ist nicht zu überlesen, daß die Politik in Deinem Leben eine Rolle spielt, aber nicht nur das, auch ein Schriftsteller könnte an Dir verloren gegangen sein. Oder wie Udo bemerkt, ein Philosoph.
    Sogar meine unfreiwillige „Taufe“ hast Du unter der Überschrift “ hat ausgezeichnet gepaßt“ nicht unerwähnt gelassen. Soso!
    Jedenfalls stecken in Dir einige Talente und genau dies ist so spannend. Nach so vielen Jahren zu entdecken, was aus uns geworden ist.
    Vielen lieben Dank für die Zeit und die Arbeit, die Du aufgebracht hast, um uns alle zusammen zu bringen.
    Das ist nicht selbstverständlich und deshalb bist Du etwas ganz Besonderes. Sei stolz darauf!
    Liebe Grüße Paula

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