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Spitz-findig-keit #144

6 minutes

Spitz oder Spitze sind in aller Regel pointierte Aussagen zum Zeitgeschehen. Dies kann, muss aber nicht die Politik betreffen. Es kann auf die Gegenwart oder auch auf die Vergangenheit gemünzt sein. Spitz ist eine Aussage dann, wenn sie sticht, der betreffenden Person oder Personengruppe wehtut, spitze, wenn sie ausgezeichnet formuliert ist und im Idealfall zudem die Wahrheit abbildet. Fi/ündig, wenn der beschriebene Umstand nicht ganz offensichtlich, also erst zu ergründen ist. Und -keit lässt auf unterschiedliche menschliche Eigenheiten/-schaften schließen, wie beispielsweise Eitelkeit, Heiterkeit, Überheblichkeit oder, oder. Alles zusammengenommen eine echte Spitzfindigkeit. In unserer Kolumne ‚Spitz-findig-keit‘ zitieren wir in lockerer Folge jeweils zwei oder drei Aussagen und verschonen dabei auch nicht klassische Denkerinnen und Denker.

Um Denkanstöße zu geben, die Freude am Formulieren zu wecken – nichtzuletzt auch um dem Humor in unserer doch etwas trostloseren Zeit wieder mehr Geltung zu verschaffen. Erhöht das Wohlbefinden. Packen wir es an! Ich sage nicht, wir schaffen das. Aber wir probieren es auf jeden Fall!

Spitzfindigkeiten zuhauf!

Vorbemerkung

Es gibt nach Immanuel Kant auch eine falsche Spitzfindigkeit, die wir uns hier allerdings nicht zu eigen machen wollen. Wer dem dennoch nachgehen möchte – Die falsche Spitzfindigkeit der vier syllogistischen Figuren – kann dies hier gerne tun.

Heute picken wir uns dafür – so wie die zufriedenen Vögel in unserem Garten das Futter – drei, allerdings sehr unterschiedliche Dinge/Sachverhalte heraus.

1. Spitz-findig-keit

Die faz-net vom 13.12.2023 gibt (hinter Schranke) Hinweise und Tipps zur art- und sogar gartengerechten Fütterung der Vögel im Jahresverlauf. Beginnend mit: „… schon im Herbst das Häuschen füllen – und den Vögeln so früh signalisieren, wo der größte Vogelfreund der Nachbarschaft wohnt.“ Weiter, um möglichst viele Vogelarten anzulocken, die Fressvorlieben erkunden: „Amseln und Meisen mit ihren feinen, spitzen Schnäbeln lieben Weichfutter, also Haferflocken und Sonnenblumenkerne. Grünfinken und Kernbeißer mögen es eher knackig.“ Hinzu kommt die Form der Darreichung: „Rotkehlchen und Amsel picken am liebsten vom Boden und wagen sich auch ab und an ins Häuschen. Für alle Arten von Hängevorrichtungen fehlt ihnen akrobatisches Geschick. Das ist eher die Sache von Meisen oder Baumläufern.“

Und ganz wichtig: „Möglichst die Futterhäuschen und Knödelhalter immer so aufstellen, dass Regen und tauender Schnee das Futter nicht erreichen können.“

Dann wird noch auf die Folgen der winterlichen Fütterei im Sommer hingewiesen: „Weizenkörner, die Hersteller wegen ihres hohen Gewichtes gerne in die Mischungen packen, werden von gierigen Staren oder ungeschickten Tauben oft aus den Häuschen herausgefegt. Im Frühjahr wächst unter dem Futterhaus dann ein kleines Weizenfeld. Auch die ein oder andere Sonnenblume stammt ursprünglich aus dem Vogelfutter. Keimung lässt sich nicht immer verhindern.“ Freut man sich über „… wild wuchernde Ähren und gelbe Blüten …“, sieht das bei Hautreizungen, Augentränen und Asthma gänzlich anders aus. „Futter­mischungen enthalten oft Samen von Ambrosia, der invasiven Pflanze mit Allergiepotential.“ Also die Packungsbeschreibungen studieren, wo mit ambrosiafrei oder ambrosiakontrolliert geworben wird.

2. Spitz-findig-keit

In der NZZ vom 14.12.2023 wird (hinter Schranke) über Wege zur Weisheit sinniert, wenn auch auf dem Umweg über gängige Kränkungen im Berufs- und sonstigen Leben. „Ungerechtigkeiten, Herabwürdigungen, Ausbeutungserfahrungen kommen vor. Etwa wenn einer langjährigen und loyalen Mitarbeiterin urplötzlich gekündigt wird. Wenn einem ambitionierten Mitarbeiter eine jüngere Frau als Chefin vor die Nase gesetzt wird, weil sie – seinem Verständnis nach – besser zur Corporate Identity passt. Oder wenn Menschen nach jahrzehntelangen Beziehungen vom Partner verlassen werden, vielleicht auf besonders verletzende Art.“

Therapeut Michael Linden, der die Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation an der Charité Universitätsmedizin Berlin leitet, kennt sich aus mit Verbitterungsgefühlen. Deren extremste, chronische Ausprägung wird als Posttraumatische Verbitterungsstörung (PTED) beschrieben. Sie geht über die normale kurzzeitige Verbitterung zum Schaden der Betroffenen weit hinaus. Wenn es Eigenschaften betrifft, über die sie sich am stärksten definieren und wenn sie die Verantwortung für die Situation nicht bei sich selbst sehen.

Laut Linden benötigen wir Weisheit, um Dilemmata zu lösen. „Dazu gehören zum Beispiel Empathie und die Fähigkeit, die Perspektive zu wechseln, sich also auch in die Gegenseite eines Konflikts hineinversetzen zu können. Oder auch, die eigene Anspruchshaltung zu hinterfragen.“ Dies alles lasse sich trainieren. Laut Linden ist eindeutig im Vorteil, wer schon Weisheit besitzt. „Wer also empathisch ist, wenig Mühe mit Perspektivwechseln und auch eine gewisse Selbstdistanz hat, wird Ungerechtigkeiten, Kränkungen und Verbitterungsgefühle nach einer Weile loslassen können.“ Narzisten haben es damit viel schwerer und sind deshalb weit anfälliger für eine chronische Verbitterung.

Auch Hansjörg Znoj, emeritierter Professor der Universität Bern, wo er die Abteilung Gesundheitspsychologie und Verhaltensmedizin leitete, hat sich intensiv mit der Verbitterung als Gefühlszustand beschäftigt. Er empfiehlt, im Leben nicht alles auf eine Karte zu setzen. „Der Beruf, aber auch ein guter Freundeskreis, eine erfüllende Partnerschaft, das familiäre Umfeld, Hobbys und Sport: Wer sich nicht über einen, sondern über mehrere Lebensbereiche definiert und darin Ressourcen findet, kann besser mit schwierigen Situationen umgehen. Und damit, dass es im Leben nicht immer fair zugeht.“

3. Spitz-findig-keit

Ja, vor Weihnachten ist extrem viel los. Vor genau 41 Jahren veranlasste dies Andy Warhol in New York zu einem tiefen Stoßseufzer, festgehalten im Buch der Tagebücher (auf S. 585; wobei wir ihm schon in den #60, #75 und #81 begegnet sind):

„Ich habe ungefähr 18 Parties versäumt.“

Wie wir wissen, u.a. auch indirekt aus seiner Erzählung vom Oktober 1984 über das Regensburger Fürstenpaar Thurn und Taxis, war er absolut kein Kostverächter.

Und hier geht es weiter – es weihnachtet sehr.

#PreppoKompakt

In der Tat ist auch bei uns gegenwärtig sehr viel los. Keine 18, aber zusammen gut 10 Konzerte, Ausstellungseröffnungen, Verabschiedungen und Weihnachtsfeiern kann auch ich nicht bedienen.

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